Ein Gläschen in Ehren …

von Dr. med. Michael Bardutzky

Alkohol wird vermutlich schon seit der Mittelsteinzeit von der Menschheit konsumiert. Wahrscheinlich wurde er mit Beginn der Sesshaftigkeit beim Gärungsprozess überreifer Früchte entdeckt. Aus dem dritten vorchristlichen Jahrtausend sind erste ägyptische Quellen über das Brauen von Bier und das Keltern von Wein bekannt. Spätestens seit der Römerzeit wird Wein im großen Stil angebaut.

Im frühen Mittelalter war der Genuss von Alkohol dem Klerus und dem Adel für repräsentative Festmähler vorbehalten. Ein Fest galt damals erst als gelungen, wenn alle Gäste am Ende berauscht waren.

Durch das Verfahren der Destillation wurde in den Klöstern ab dem 11. Jahrhundert aus einfachem Wein hochprozentiger Branntwein gewonnen. Er diente zunächst medizinischen Zwecken und wurde für teures Geld als Arzneimittel verkauft. Mit Beginn der Neuzeit fiel das Monopol der Klöster. Branntwein konnte seither in großen Mengen aus Getreide und Kartoffeln kommerziell hergestellt und günstig vertrieben werden. Bald fand er seinen Weg über die bürgerliche Oberschicht in alle Bevölkerungskreise.

Was ist Alkohol?

Das Wort Alkohol stammt aus dem arabischen „al-kuhul“ und bedeutet „feines Antimon“. Biochemisch betrachtet, handelt es sich bei Alkoholen um eine heterogene Gruppe organischer Verbindungen, bei denen Hydroxygruppen (-O-H) an aliphatische Kohlenstoffatome gebunden sind. In der Industrie werden komplexe Alkohole als Lösungsmittel verwendet. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird der einfach strukturierte Äthylalkohol (Äthanol) als Trinkalkohol gemeint.

Während Alkohol in der Antike noch kulturell-religiöse Bedeutung hatte, nimmt er im Verlauf der Geschichte immer breiteren Raum als Genuss- und schließlich als Rauschmittel ein. Die Übergänge zwischen gesellschaftlich toleriertem oder gar erwünschtem „sozialen Trinken“ zu festlichen oder geschäftlichen Anlässen bis hin zur gesellschaftlich geächteten Alkoholkrankheit sind fließend.

Wie wirkt Alkohol auf Gehirn und Körper?

Alkohol hat eine berauschende und suchterzeugende Wirkung auf das Gehirn: Bereits geringe Mengen beeinflussen jene Zentren des Gehirns, die das Bewusstsein und die Gefühle steuern.

Ab etwa 0,2‰ Blutalkohol-Konzentration verändern sich subjektives Erleben und persönliches Verhalten. Zwanglosigkeit lässt den Widerstand gegen weiteren Alkoholkonsum sinken, während Sehfähigkeit und Konzentrationsvermögen bereits deutlich nachlassen.

Ab etwa 1‰ beginnt das Rausch-Stadium. Bei läppisch-heiterer bis depressiver Grundstimmung kommt es zu Gleichgewichts- und Sprachstörungen. Ab etwa 2‰ wird das Betäubungs-Stadium mit erheblichen Gedächtnis- und Orientierungsstörungen erreicht, 3‰ sind häufig lebensbedrohlich.

Die Formel zur Berechnung des Blut-Alkoholgehaltes lautet

für Männer getrunkener Alkohol (in g) ÷ Körpergewicht (in kg) x 0,7

für Frauen getrunkener Alkohol (in g) ÷ Körpergewicht (in kg) x 0,6

Der Blutalkoholgehalt sinkt bei Männern 0,15‰/h und bei Frauen 0,12 ‰/h.
Ein sehr individueller Promille-Rechner findet sich unter www.kenn-dein-limit.de.

Wie viel Alkohol wird in Deutschland konsumiert?

Hierzulande ist der Alkoholkonsum in allen Altersgruppen in den letzten Jahren leicht, aber kontinuierlich gesunken. Dennoch gilt Deutschland im internationalen Vergleich als Hochkonsumland. Das bedeutet in Zahlen: Im Jahr 2019 wurden im Durchschnitt pro Kopf der Bevölkerung ab 15 Jahre ca. 12,2 Liter reinen Alkohols konsumiert, weltweit lag der durchschnittliche Konsum von Reinalkohol bei ca. 5,5 Litern pro Kopf. Im selben Jahr war Rumänien mit einem durchschnittlichen Konsum von 17 Litern Reinalkohol pro Kopf weltweiter Spitzenreiter.

Dabei ist der Alkoholkonsum in Deutschland nicht etwa bei jungen Menschen, sondern im mittleren Lebensalter zwischen 50 und 64 Jahren am höchsten. Ein großes Problem in der Bundesrepublik ist dabei die extrem hohe und auch günstige Verfügbarkeit von Alkohol an praktisch jeder Ecke und zu fast jeder Tageszeit. Gleichzeitig existiert hierzulande so gut wie keine Alkohol-Prävention. In beiden Kategorien belegt Deutschland im internationalen Vergleich jeweils letzte Ränge.

Die Formel zur Berechnung des Alkoholgehaltes eines Getränkes lautet

Menge (in ml) x Volumen% ÷ 80 = Alkoholgehalt (in g)

Somit enthält ein Liter Wein etwa 100 g und ein Liter Bier etwa 40 g reinen Alkohol, die risikoarme Wochenmenge ist in vier Viertel Wein oder fünf Halbe Bier enthalten.

Die gesundheitlichen und volkswirtschaftlichen Folgen des Alkoholkonsums

Weltweit sterben etwa 3 Millionen Menschen jährlich an den gesundheitlichen Folgen des Alkoholkonsums. Damit steht Alkohol an siebter Stelle jener Faktoren, die für Behinderungen oder frühzeitigen Tod verantwortlich sind – in der Gruppe der 15- bis 49-jährigen sogar an erster Stelle. Die direkten und indirekten volkswirtschaftlichen Kosten, die durch Alkoholkonsum entstehen, werden in Deutschland insgesamt auf rund 57 Milliarden Euro jährlich geschätzt, während die Steuereinnahmen für alkoholische Getränke nur etwas mehr als 3 Milliarden Euro betragen.

Alkohol ist in jeder Menge krebserzeugend. Schätzungen zufolge können in Deutschland mehr als 20.000 Krebsneuerkrankungen im Jahr 2022 auf Alkoholkonsum zurückgeführt werden. Dieser begünstigt insbesondere die Entstehung von Mundhöhlen-, Rachen-, Kehlkopf- und Speiseröhrenkrebs sowie Krebs in der Leber, der weiblichen Brust, im Dick- sowie Enddarm. Darüber hinaus ist Alkohol sowohl an der Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Erkrankungen der Atemwege, Typ-2-Diabetes als auch von Schlaganfällen beteiligt.

Alkohol ist gesundheitsschädlich – bereits ab dem ersten Tropfen!

Im Hinblick auf die körperliche Gesundheit wurde bis vor kurzem noch ein risikoarmer Konsum von geringen Mengen an Alkohol für gesunde Menschen (Menschen ohne zusätzliche genetische oder Lebensstil-bedingte Krankheitsrisiken) als unschädlich bewertet: Pro Trinktag umfasste der risikoarme Alkoholgenuss eine Trinkmenge von maximal 24 g Reinalkohol bei Männern und 12 g bei Frauen, was etwa zwei bzw. einem kleinen Bier entspricht. Auf einen Trinktag sollten mindestens zwei abstinente Tage folgen.

Doch neue Ergebnisse aus der Wissenschaft lassen darauf schließen, dass es keinen „sicheren“ oder gar gesundheitsförderlichen Alkoholkonsum gibt. Auch geringe Trinkmengen können zur Verursachung von körperlichen Krankheiten beitragen. Damit hat sich auch die bis dato propagierte Empfehlung, moderater Rotweinkonsum könne Herzinfarkten vorbeugen, als falsch erwiesen:

Laut der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) zeigen Studien zu einzelnen Herz-Kreislauf- sowie Krebserkrankungen „eine lineare Beziehung zwischen dem Ausmaß von Alkoholkonsum und Sterbewahrscheinlichkeiten. Sie sind am geringsten, wenn kein Alkohol getrunken wird. Sie sind umso höher, je mehr Alkohol Menschen trinken.“ Auf Basis dieser neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse formuliert die DHS die Empfehlung zum Umgang mit Alkohol neu:

„Alkoholkonsum sollte von jeder Person reduziert werden, unabhängig davon, wie viel sie trinkt. Für die körperliche Gesundheit ist es am besten, keinen Alkohol zu trinken.“

Alkoholverzicht: effektive Maßnahme für einen gesunden Lebensstil

Die neue Richtlinie der DHS wird vom Deutschen Krebsforschungszentrum DKFZ sowie von internationalen Organisationen, wie der WHO und dem World Cancer Research Funds, gestützt. Für Sana Praevention ergänzt die Empfehlung zum Verzicht auf Alkohol die Vielfalt der effektiven Maßnahmen, die einen gesunden Lebensstil fördern und das Risiko für schwerwiegende Erkrankungen reduzieren oder vermeiden können – wie etwa nicht rauchen, eine gesunde Ernährung und mehr Bewegung.

Auch wenn wir wissen, dass es unseren kulturellen Gepflogenheiten und unserer Lebensart entspricht, zu besonderen Anlässen und Feierlichkeiten Alkohol zu trinken, betrachten wir als Präventivmediziner es als unsere Verantwortung, diese neuesten Erkenntnisse zum Umgang mit Alkohol zu kommunizieren. So ist es jeder und jedem unserer Kund*innen möglich, evidenzbasierte Entscheidungen über die eigene Gesundheit zu treffen und von noch mehr Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit zu profitieren.

Gesundheit für jeden Einzelnen und für jedes Unternehmen

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