Was ist guter Schlaf – und wozu ist Schlaf eigentlich gut?

Fakten, Herausforderungen und Tipps rund um eine absolute Notwendigkeit – Von Dr. med. Martin Pitzer

Ob wir es wollen oder nicht: schlafen beschäftigt uns alle jeden Tag. Circa ein Drittel unserer Lebenszeit schlafen wir. Bei den Gesprächen im Rahmen unserer Untersuchungen ist der Schlaf daher oft ein Thema, zu dem es viele Fragen gibt. Was ist überhaupt „normaler“ und „gesunder“ Schlaf? Wann kann man von Schlafproblemen sprechen? Welche Ursachen gibt es hierfür und was kann man dagegen tun? Im ersten Teil unseres Artikels über den Schlaf geht es zunächst um Fakten, Schlaftypen und Schlafphasen sowie um mögliche Ursachen von Schlafproblemen, die mithilfe des Schlaftagebuchs erkannt und gelindert werden können.

Schlaf: So individuell wie jede*r Einzelne von uns
Während des Schlafs verändern sich Bewusstseinszustand und Körperfunktionen. Der Körper kann sich erholen und Gedächtnisinhalte festigen. Während wir im Schlaf äußerlich reglos sind, laufen innerlich Hochleistungsprozesse ab: Zucker- und Fettstoffwechsel werden optimiert, Wachstumshormone ausgeschüttet und das Immunsystem gestärkt. Für jede*n von uns gilt: Schlaf ist besonders notwendig für die Regeneration, Leistungsfähigkeit und Gesundheit. Allerdings sind unsere Schlafgewohnheiten individuell sehr verschieden (z. B. Eule oder Lerche?) und auch der individuelle Schlafbedarf ist sehr variabel.

Die „Schlaftypen“ im Überblick

Das Hormon Melatonin, das unter anderem eine schlaffördernde Wirkung hat, steuert im Allgemeinen – und angepasst an den Tag-Nacht-Rhythmus – unseren Schlaf: nachts wird seine Produktion gefördert, bei Tageslicht hingegen unterdrückt. In der Folge sind die meisten Menschen am Tag wach und schlafen in der Nacht.

Darüber hinaus beeinflusst und bestimmt auch der individuelle Chronotyp die Schlaf- und Wachzeiten. Der Chronotyp des Menschen ist erblich bedingt, kann sich jedoch im Laufe des Lebens verändern und wird in drei unterschiedlichen Ausprägungen unterschieden:

Der „Normaltyp“:
Das ist der am weitesten verbreitete Chronotyp. Seine bevorzugte Zeit zum Schlafen liegt etwa zwischen 0.00 und 8.00 Uhr.

Der „Morgentyp“ = Lerche
Dieser Chronotyp ist ein ausgesprochener Frühaufsteher, dessen Leistungshoch in den Morgenstunden liegt. Abends länger wach zu bleiben, ist für Lerchen nicht einfach.

Der „Abendtyp“ = Eule
Eulen laufen in den Abendstunden zu Höchstleistungen auf und tun sich schwer damit, morgens früh aufzustehen.

Extreme Lerchen oder Eulen, deren Wach- und Schlafenszeiten zum Problem mit Arbeitszeiten werden, kommen als Chronotypen selten vor.

Die ausreichende Schlafdauer, um fit in den neuen Tag zu starten, schwankt von Mensch zu Mensch stark – während dem einen regelmäßig 4-5 Stunden ausreichen, braucht der andere 9 Stunden täglich. Wichtig für die Vitalität am Tag ist nicht allein die Dauer, sondern auch die Schlafqualität. Diese hängt entscheidend vom Anteil der einzelnen Schlafphasen ab.

Der Schlafzyklus: Vier Schlafphasen on repeat

Um die verschiedenen Schlafphasen zu unterscheiden, werden in einem Schlaflabor während der Nacht unter anderem kontinuierlich die Hirnströme gemessen (EEG =
Elektroenzephalogramm) und die Augenbewegungen aufgezeichnet.

Das Muster der Hirnströme und das (Nicht-)Vorhandensein von schnellen Augenbewegungen (REM = Rapid Eye Movement) charakterisieren die vier verschiedenen Schlafphasen, die zusammengenommen einen Schlafzyklus bilden. Dieser beginnt zunächst mit sogenannten Non-REM-Phasen, in denen keine schnellen Augenbewegungen vorhanden sind.

Phase 1 und 2: Leichtschlaf
Phase 1 und 2 werden zusammengefasst als Leichtschlaf bezeichnet: Sie markieren den Übergang vom Wachsein zum Schlaf (Phase 1 = Einschlafen) und das Abgleiten in den „stabilen“, aber immer noch oberflächlichen Schlaf (Phase 2). Diese beiden Schlafphasen können sich mehrfach abwechseln, bevor die erste Tiefschlafphase (Phase 3) auftritt, die besonders zur Erholung des Körpers beiträgt.

Phase 3: Tiefschlaf
Mit zunehmender Schlaftiefe nimmt die Gehirnaktivität ab, die Muskulatur entspannt sich und die bewusste Wahrnehmung der Umgebung (Geräusche, Lichtreize) lässt langsam nach.

Phase 4: REM- bzw. Traumschlaf
Danach tritt die erste REM-Schlafphase auf, die nach den typischen schnellen Augenbewegungen benannt ist. Im REM-Schlaf nimmt die Gehirnaktivität wieder zu und unterscheidet sich schließlich kaum noch vom Wachzustand. Der REM-Schlaf wird als hauptsächliche Traumphase des Schlafs angesehen, da Menschen, die im REM-Schlaf geweckt werden, besonders häufig von Träumen berichten. Die Dauer der REM-Schlafphasen nimmt im Laufe der Nacht von 5-10 auf 20-30 Minuten zu.

Der REM-Schlaf geht wieder in eine Non-REM-Phase über und ein neuer Zyklus beginnt.
Pro Nacht durchläuft man 4-5 solcher Schlafzyklen, die jeweils 90-120 Minuten dauern. Besonders wichtig für die Erholung sind die beiden ersten Schlafzyklen, die daher auch als Kernschlaf bezeichnet werden.

Mögliche Ursachen von schlechtem Schlaf

Nachts aufzuwachen, ist vor allem während der Phasen oberflächlichen Schlafs absolut normal. Oft werden uns diese Wachphasen aber nicht bewusst oder wir schlafen sofort wieder ein. Wenn das Wiedereinschlafen aber Probleme macht, fühlen sich viele Menschen morgens nicht ausgeschlafen und erholt. Jeder schläft mal schlecht, dauerhafte Probleme mit dem Ein- oder Durchschlafen beeinträchtigen aber die Lebensqualität und führen zu Einschränkungen am Tag. Die möglichen Ursachen der Schlaflosigkeit (Insomnie) sind zahlreich und sehr unterschiedlich:

  • Zuerst sollte man mögliche Störfaktoren in der Umgebung ausschließen. Ist das Schlafzimmer zu warm/zu kalt, zu hell oder zu laut? Sorgen Kinder, Haustiere oder der Partner für Unruhe im Schlafzimmer? Aktuelle Studien geben keine eindeutigen Rückschlüsse darauf, dass das sogenannte „blaue Licht“ von Laptop, Tablet oder Smartphone den Schlaf stört bzw. negativ beeinflusst. Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass künstliche Lichtquellen im Allgemeinen den Schlaf verzögern, da sie offensichtlich den abendlichen Anstieg des schlaffördernden Hormons Melatonin nach hinten versetzen. Nicht zuletzt können die Inhalte von E-Mails, Nachrichten oder Streams, die vor dem Einschlafen gelesen bzw. angeschaut werden, für Schlafprobleme sorgen, wenn sie z. B. sehr aufwühlend, besorgniserregend oder spannend sind.
  • Häufig stellen sich bei unseren Gesprächen psychische Belastungen und Probleme als Ursache des schlechten Schlafes heraus. Das Abschalten vom Dauerstress im Job fällt schwer. Zu viele Gedanken und ungelöste Probleme kreisen im Kopf, so dass der Körper nicht runterfahren kann. Dies führt dazu, dass die typischen Stresshormone (unter anderem Cortisol und Adrenalin), deren Spiegel nachts normaler Weise ihren Tiefstand erreichen, hoch bleiben. Der Körper kommt dadurch nicht in den Ruhemodus. Stress wird so zu einem echten Schlafkiller.
  • Genussmittel und manche Medikamente können den Schlaf stören. Neben Nikotin und Koffein verschlechtert auch Alkohol am Abend die Schlafqualität. Zwar schläft man nach ein paar Gläsern am Abend oft leichter ein, der Schlaf bleibt aber oberflächlicher und damit weniger erholsam.
  • Körperliche und psychische Erkrankungen können die Ursache von Schlafmangel und schlechter Schlafqualität sein. Neben Schmerzen von Seiten des Bewegungsapparates sind auch hormonelle Änderungen im Rahmen der Wechseljahre oder Schilddrüsen¬funktionsstörungen zu nennen.
  • Schließlich kann eine Störung der „inneren Uhr“, die im Hypothalamus – einer Region im Zwischenhirn – tickt, zu Schlafproblemen führen. Der Takt unserer inneren Uhr wird normalerweise vom Tageslicht vorgegeben. Der Hypothalamus führt daraufhin in der Zirbeldrüse (Epiphyse) zur Ausschüttung des Schlafhormons Melatonin, das uns müde macht. Schichtdienst (besondere Wechselschicht), Zeitumstellungen und der Jetlag nach Fernreisen können unsere innere Uhr aus dem Takt bringen.

Viele dieser Faktoren kann man selbst beeinflussen, indem man ungünstige Gewohnheiten verändert und Störungen in der Umgebung beseitigt. Einige Probleme bedürfen zur Lösung jedoch einer externen (z. B. ärztlichen) Unterstützung oder Behandlung.

Zunächst ist es auf jeden Fall sinnvoll, sich einen Überblick über seinen Schlaf zu verschaffen. Hierfür ist ein sogenanntes Schlaftagebuch empfehlenswert – oder genauer gesagt ein „Abend-Morgen-Protokoll“, das die Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) entwickelt hat.

Das Schlaftagebuch: Schlafverhalten festhalten – Schlafstörungen auflösen

Das Schlaftagebuch ist ein probates Mittel zur Diagnostik potenzieller chronischer Schlafstörungen. Es umfasst zwei Seiten (je eine Seite Abend- und eine Seite Morgenprotokoll), die in 2-3 Minuten ausgefüllt sind. Die jeweils 8-10 Fragen befassen sich mit Gewohnheiten vor dem Schlafengehen, dem Verlauf der Nacht und der Befindlichkeit am Tag. Über 2 Wochen sollte man zunächst seine üblichen Gewohnheiten beibehalten, damit das Schlaftagebuch eine Bestandsaufnahme ermöglicht. Die Aufzeichnungen können so die eigenen Einschätzungen zum Schlaf und vorhandene Schlafprobleme objektivieren.

Das Schlaftagebuch gibt es hier zum Downloaden:
https://www.stiftung-gesundheitswissen.de/wissen/insomnie/diagnostik
https://www.stiftung-gesundheitswissen.de/sites/default/files/pdf/2020_09_Schlaftagebuch_Insomnie.pdf

Im zweiten Teil des Artikels zum Thema Schlaf werden wir erklären, was Sie selbst für einen besseren Schlaf tun können. Außerdem werden Möglichkeiten und Grenzen der medikamentösen Therapie von Schlafstörungen dargestellt, der Unterschied zwischen Insomnie (Schlaflosigkeit) und Hypersomnie (Schlafsucht) erläutert und abschließend ein kurzer Überblick der häufigsten Erkrankungen gegeben, die im Schlaflabor diagnostiziert werden und Ursache für eine erhöhte Tagesmüdigkeit sein können.

Wir wünschen Ihnen ein „erweckendes“ Lesevergnügen und einen erholsamen Schlaf!

Gesundheit für jeden Einzelnen und für jedes Unternehmen

Sana Praevention ist Ihr Partner für ein lösungs- und praxisorientiertes Gesundheitsmanagement. Unsere Dienstleistungen und Konzepte unterstützen den Aufbau und die Pflege einer gesunden Unternehmenskultur und bringen einen nachhaltigen Nutzen für jeden Einzelnen.

© 2022 Sana Praevention | Konzept, Design und Code by KRAFTJUNGS